Mittwoch, 27. Mai 2009

60 Jahre Erosion des Grundgesetzes – wie eine Verfassung von der Wirklichkeit abgekoppelt wurde

Das Grundgesetz ist tatsächlich eine sehr fortschrittliche Verfassung, die es zu verteidigen gilt. Bei den Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen dieses wichtigsten Dokuments wurde bei aller Lobhudelei jedoch die jetzige Realität Deutschlands mit dem Inhalt des Grundgesetzes gleichgesetzt - eine Realität, die dem Gedanken des Grundgesetzes jedes weitere Jahr mehr widerspricht.

Man darf nicht vergessen, daß der Verfassungswortlaut von diktatorisch regierten Staaten sich auch oft schön liest – was für die Menschen in dem jeweiligen Land tatsächlich zählt, ist jedoch die Realität. Und gemessen an der Realität, so schreibt der Autor Karl Müller in der Schweizer Zeitschrift „Zeit-Fragen“, „muss man leider darauf hinweisen, dass es viele in Deutschland gibt, die begründete Zweifel daran haben,
  • dass die Menschenwürde – so wie es das Grundgesetz fordert – von der staatlichen Gewalt geachtet und geschützt wird,
  • dass jeder sein Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit wahrnehmen kann,
  • dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind,
  • dass jeder sein Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äussern und zu verbreiten, wirklich wahrnehmen kann,
  • dass Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen,
  • dass alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung und Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, wirklich wahrnehmen können,
  • dass alle Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden, wirklich wahrnehmen können,
  • dass das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis unverletzlich sind,
  • dass alle Deutschen das Recht haben, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen,
  • dass die Wohnung unverletzlich ist,
  • dass der Gebrauch des Eigentums dem Wohle der Allgemeinheit dient,
  • dass politisch Verfolgte Asyl geniessen,
  • dass der Wesensgehalt der Grundrechte unangetastet gelassen wurde,
  • dass in der Bundesrepublik Deutschland alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht,
  • dass die Bundesrepublik Deutschland ein sozialer Bundes- und Rechtsstaat ist,
  • dass sich die Gesetzgebung an die verfassungsmässige Ordnung und die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden sehen,
  • dass die Bundesrepublik Deutschland einer Europäischen Union mit demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen sowie dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist,
  • dass die Bundesrepublik Deutschland die allgemeinen Regeln des Völkerrechts achtet,
  • dass die Bundesrepublik Deutschland alle Handlungen unterlässt, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören,
  • dass die Bundesrepublik Deutschland an keiner Vorbereitung eines Angriffskrieges beteiligt war und ist,
  • dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages keinerlei Aufträge und Weisungen annehmen und sich nur ihrem Gewissen unterworfen haben,
  • dass die Amtsinhaber in der Regierung der Bundesrepublik Deutschland ihre ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, ihre Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben.“
Link zum vollständigen Text:
60 Jahre Bundesrepublik Deutschland - Einen soliden sozialen Boden schaffen für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit